Pflegeplätze, Dorfladen, Radtreff: Das kleine Zogenweiler hat große Pläne

Von:Elke Oberländer
Kommunalpolitik und Engagement
Horgenzell / Lesedauer: 5 min

Anstelle des ehemaligen Gasthauses (Bildmitte) könnte in Zogenweiler bald ein Dorfplatz mit Bürgerhaus entstehen. (Foto: Elke Oberländer)
Das Dorf hat nur 388 Einwohner — aber die sind ganz schön auf Zack. Was beim Bürgerbeteiligungsprojekt so alles entstanden ist.

Aufbruchstimmung und große Begeisterung im Horgenzeller Teilort Zogenweiler: Die Bürgerinnen und Bürger planen einen Dorfladen und betreutes Wohnen in ihrer Ortsmitte.
Bereits angestoßen hat das Quartiersprojekt „Unser Zogenweiler — auf der Höhe“ gemeinschaftliche Aktionen wie Wanderungen, das Viere–Bier und einen Senioren–Mittagstisch mit Fahrdienst.
„Die Bürgerbeteiligung hat die Dorfgemeinschaft sehr positiv beeinflusst“, sagt Edmund Meißnest und strahlt. Er sei zwar „kein Urgewächs“ in Zogenweiler, aber „jetzt bin ich eingebunden.“ Der Rentner berichtet von Fahrrad– und Wandergruppe: Alle vier Wochen kommen 15 bis 25 Leute zusammen. Genauso begeistert erzählt Beate Fäßler vom Treff „Moment mal“: Beim Strickabend habe ihre Schwiegertochter bereits gelernt, wie man Socken strickt. Weiter sind Bastelangebote und ein Line–Dance–Abend geplant. „Mit ganz verschiedenen Angeboten wollen wir möglichst viele Leute ansprechen.“

„Wir haben die Bürgerbeteiligung von Anfang an mit Leben gefüllt und nicht nur Konzeptarbeit gemacht“, erklärt Gemeindeberater Peter Beck, der das Projekt in Zogenweiler begleitet. Das Dorf hat 388 Einwohnerinnen und Einwohner, dazu kommen die benachbarten kleinen Weiler.
An drei Bürgertischen zu den Themen „Gemeinschaft und Begegnung“, „Dienstleistung und Nahversorgung“ sowie „Wohnbedarf und Wohnkonzepte“ haben jeweils 15 bis 25 Bürgerinnen und Bürger von April bis Juni Ideen gesammelt. Nach einem gemeinsamen Werkstatt–Tag haben drei Arbeitsgruppen von Juli bis Februar die Detailarbeit übernommen. Die Leute sind bereit, sich zu engagieren, sagt Projektbegleiter Beck. Wichtig ist ihm: „dass es nicht immer dieselben sind, die für die anderen Programm bieten.“ Jeder soll die Möglichkeit bekommen, die eigenen Stärken einzubringen. „Die Bürger sind hineingewachsen in die Mitverantwortung“, sagt Beck.

Das bestätigt auch Sylvia Dorner, im Horgenzeller Rathaus für das Projekt zuständig. Ihr sind vor allem das Miteinander und die geteilte Verantwortung wichtig. „Jeder hat sich entwickelt in diesem Projekt — Bürger, Verwaltung und Gemeinderat“, sagt sie.

Als nächste Schritte stehen zum einen die Gründung einer Bürgergemeinschaft als Verein an. Der Verein soll Gemeinschaftsangebote vom Radfahren über Feste und Begegnungsabende bis zur Tagesbetreuung koordinieren. Zum anderen soll eine Bürgergenossenschaft den künftigen Dorfladen führen. Die Pläne für den Dorfladen sind bereits sehr konkret: vom Lebensmittel–Angebot über Ladeninventar und Personalbedarf bis zur Kosten–Kalkulation. Außerdem sollen in der Dorfmitte eine ambulant betreute Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige und Service–Wohnungen mit Unterstützung entstehen. Ein Mix aus verschiedenen Wohnformen soll das Miteinander von Jung und Alt ermöglichen.
Den aktuellen Stand der Planung für Zogenweiler haben die Bürgerinnen und Bürger kürzlich dem Gemeinderat der Gesamtgemeinde Horgenzell und mehr als 70 Zuhörerinnen und Zuhörern vorgestellt.
„Die Gemeinderäte sind sehr angetan“, sagt Bürgermeister Volker Restle. Die Gemeinde hat bereits eine Machbarkeitsstudie mit städtebaulichem Entwurf für Zogenweiler bestellt. Architekt Manfred Löffler aus Sigmaringen hat sie im Gemeinderat vorgestellt.
Löffler schlägt ein zentrales „Bürgerhaus“ vor mit Laden und Begegnungsräumen im Erdgeschoss sowie einer ambulant betreuten Wohngruppe im Obergeschoss.
Zwischen diesem neuen Gebäude und der Kirche könnte ein Dorfplatz entstehen, für den vielleicht die K7973, die Richtung Berg führt, ein Stück nach Norden verlegt wird. Drum herum sind weitere Gebäude für die gemischten Wohnkonzepte mit zusammen etwa 30 Wohnungen geplant. Sie würden die Zogenweiler Ortsmitte beleben.

Der Radlertreff war eine der ersten Aktionen des Quartiersprojekts in Zogenweiler. Womöglich entstehen in Zogenweiler die ersten Pflegeplätze für Senioren in der Gemeinde Horgenzell, vermutet Projektbegleiter Beck. Tatsächlich hat die Stiftung Liebenau das geplante Pflegeheim und das Service–Wohnen, das sie im Horgenzeller Baugebiet Häldele II geplant hatte, erstmal zurückgestellt. Wegen Personalmangels und der hohen Baukosten werde die Stiftung Liebenau zumindest in diesem Jahr nicht mit dem Bau beginnen, berichtet Bürgermeister Restle. Was Zogenweiler angeht, stellt sich für ihn jetzt die Frage nach der Umsetzung der Pläne aus der Bürgerbeteiligung: Woher Fördermittel bekommen? Wer wird der Bauträger? Restle verspricht: Der Gemeinderat wird sich der Sache nicht verschließen.

Das Quartiersprojekt in Zogenweiler hat nach Angaben des Bürgermeisters rund 100.000 Euro gekostet, davon stammen rund 80 Prozent aus Fördermitteln. Inzwischen sind offenbar auch die anderen Horgenzeller Ortsteile an der Bürgerbeteiligung sehr interessiert. „Hasenweiler sitzt in den Startlöchern“, sagt Restle. Sobald die Gemeinde den Gasthof Traube in der Hasenweiler Ortsmitte erworben habe, könne es auch dort losgehen. Auch benachbarte Gemeinden haben sich bereits nach dem Quartiersprojekt erkundigt. Projektbegleiter Beck warnt jedoch:
Das fertige Konzept kann man nicht kopieren. Die Verhältnisse seien überall anders und der Prozess der Beteiligung sei notwendig, damit das Miteinander im Dorf wachse.
„Ja, wir sind in diesem Jahr der Bürgerbeteiligung zusammengewachsen“, bestätigt Beate Fäßler.„Wir sind jetzt eine richtige Gemeinschaft.“ Schon in den nächsten Wochen plant die Dorfgemeinschaft weitere Aktionen: Von Eselwanderung über Computer– und Handy–Hilfe bis zur Dorfputzete. Beate Fäßler ist anzusehen, wie sehr sie das freut. „Wir haben ein Riesenangebot angeschoben und sind alle mit Begeisterung dabei.“